25. August 2015

Gedankenlosigkeit und Sorglosigkeit sind zur »Leitkultur« des Westens geworden - Paul Craig Roberts


von Dr. Paul Craig Roberts

Europa wird von einem gigantischen Flüchtlingsansturm 
überrollt, der durch die Hegemonialpolitik Washingtons
und Israels im Nahmittelosten und Nordafrika, die dort 
zu großen Opfern in der Zivilbevölkerung führte, ausgelöst 
wurde und wird. 

Der Flüchtlingszustrom ist so massiv, dass die europäischen 
Regierungen darüber untereinander zerstritten sind, wer wie 
viele Flüchtlinge aufnehmen soll. Ungarn plant nach dem Vorbild 
der USA und Israels an der Grenze zu Serbien einen Grenzzaun, 
der die Unerwünschten abhalten soll. In allen westlichen Medien 
finden sich Berichte über den Zustrom von Flüchtlingen, aber 
nirgendwo findet man Hinweise auf die eigentlichen 
Ursachen des Problems.

Die europäischen Regierungen und ihre jeweiligen 
gedankenlosen Bevölkerungen tragen selbst die 
Verantwortung für ihr Flüchtlingsproblem. 
Seit 14 Jahren unterstützt Europa den aggressiven 
Militarismus Washingtons, dem Millionen Menschen, 
die niemals eine Hand gegen Washington erhoben hatten, 
zum Opfer gefallen sind oder durch seine Auswirkungen 
vertrieben wurden. Die Zerstörung ganzer Länder wie 
etwa des Iraks, Libyens und Afghanistans und gegenwärtig 
Syriens und des Jemens sowie die anhaltende Tötung 
pakistanischer Zivilisten unter anderem durch 
amerikanische Drohnenangriffe, die mit voller 
Unterstützung der korrupten und verräterischen 
pakistanischen Regierung stattfinden, haben ein 
gigantisches Flüchtlingsproblem geschaffen, für 
das die schwachsinnigen Europäer selbst 
mitverantwortlich sind.

Europa hat dieses Problem verdient, aber diese Strafe ist 
angesichts seiner Verbrechen gegen die Menschlichkeit, 
die es mit seiner Unterstützung der Vorherrschaft 
Washingtons begangen hat, noch nicht hoch genug.

In der westlichen Welt herrschen Gedankenlosigkeit und 
Sorglosigkeit in den Regierungen sowie den Bevölkerungen 
vor, und dies gilt aller Wahrscheinlichkeit nach auch für den 
Rest der Welt. Es bleibt abzuwarten, ob Russland und China 
ein klareres Verständnis der Realität haben, der sie sich 
gegenübersehen.

Generalleutnant Michael Flynn, der bis zu seinem Ausscheiden 
aus dem Amt im August 2014 Direktor des amerikanischen 
Militärgeheimdienstes Defense Intelligence Agency (DIA) war, 
hat bestätigt, dass die Regierung Obama seinen Rat missachtete 
und sich bewusst dafür entschied, die Dschihadisten, die jetzt 
den Islamischen Staat (IS) ausmachen, zu unterstützen. 
Wir haben es hier also mit einer amerikanischen Regierung zu 
tun, die so gedankenlos ist und über einen so verengten 
Tunnelblick verfügt, dass sie die unterschiedlichen Gruppen 
und Elemente stärkt, die Washington gerade die Rechtfertigung 
für seinen »Krieg gegen den Terror« und die Zerstörung 
verschiedener Länder lieferten. So wie die idiotischen Europäer 
sich ihr eigenes Flüchtlingsproblem schufen, haben sich die 
idiotischen Amerikaner ihr eigenes Terrorproblem geschaffen. 
Das ist einfach hirnverbrannt. Und ein Ende ist nicht in Sicht. 

Nehmen wir nur als Beispiel die wahnsinnige Politik des Obama-
Regimes gegenüber Russland. Kissinger und Brzeziński, die 
meistgehassten Feindbilder der Linken, sind von der 
Ahnungslosigkeit Washingtons und der EU hinsichtlich der 
Konsequenzen ihres aggressiven Vorgehens und ihrer falschen 
Anschuldigungen gegenüber Russland erschüttert. Kissinger 
erklärte, die amerikanische Außenpolitik liege in den Händen 
von Leuten, deren Denken ahistorisch geprägt sei und die nicht 
verstünden, dass »wir uns nicht in internationale Konflikte 
einmischen sollten, wenn wir zu Beginn keine Vorstellung davon 
haben, wie sie enden sollen«. Kissinger kritisierte Washington und 
die EU für die absurde Annahme, der Westen könne in der Ukraine 
russische Interessen missachten und Russland nehme das 
widerstandslos hin.

Und zur idiotischen Behauptung, Putin sei für die Tragödie in 
der Ukraine verantwortlich, erklärte Kissinger:
 »Es widerspricht jeder Vernunft, anzunehmen, dass Putin 
60 Mrd. Euro dafür ausgibt, einen Sommerurlaubsort in den 
Austragungsort Olympischer Winterspiele zu verwandeln, 
um dann nur eine Woche nach Abschluss der Spiele, 
die Russland als Teil der westlichen Zivilisation zeigten, 
eine militärische Krise vom Zaun zu brechen.« 

Aber man darf eben nicht davon ausgehen, dass die 
ungebildeten Deppen, die die westlichen Medien prägen, 
etwas so Offensichtliches wie die kluge Beobachtung 
Kissingers überhaupt wahrnehmen. Brzeziński griff 
Kissingers Äußerungen auf und sagte unmissverständlich,
Russland »muss zugesichert werden, dass die Ukraine 
niemals Mitglied der NATO wird«. 

Kissinger hat mit seiner Einschätzung, die amerikanische 
Bevölkerung und ihre Eliten dächten ahistorisch, völlig recht. 
Die USA agieren auf der Grundlage von A-priori-Theorien, 
die alle amerikanischen Vorurteile und Bestrebungen 
rechtfertigen. Diese Geisteshaltung führt zwangsläufig 
zu Krieg, Katastrophen und dem Untergang der Menschlichkeit.


Selbst amerikanische Kommentatoren, die man als intelligent 
bezeichnen würde, denken ahistorisch. Auf der Internetplattform  
OpEdNews schrieb William Bike am 18. August d.J., Ronald Reagan 
habe sich für die Zerstörung der Sowjetunion stark gemacht. 
Das ist falsch. Reagan stand der sowjetischen Führung respektvoll 
gegenüber und arbeitete zusammen mit Gorbatschow daran, den 
Kalten Krieg zu beenden. Reagan hat niemals davon gesprochen, 
den Kalten Krieg gewinnen zu wollen, es ging ihm darum, ihn zu 
beenden. Die Sowjetunion brach zusammen, als Gorbatschow von kommunistischen Hardlinern verhaftet wurde, die seine Politik 
ablehnten und einen Putsch organisierten. Dieser Putsch 
scheiterte 
zwar, aber er führte zum Sturz der sowjetischen Regierung. 
Reagan hatte nichts damit zu tun und war zu der Zeit bereits 
nicht mehr im Amt.

Einige ahistorisch denkende Amerikaner sind nicht in der Lage, 
den Unterschied zwischen Kriegsverbrechern wie Clinton, Bush, 
Cheney und Obama einerseits und Jimmy Carter andererseits, 
der sein Leben lang versuchte, Gutes zu tun, und damit teilweise 
auch erfolgreich war, zu verstehen. Wir erfuhren erst, dass der 
heute 90-jährige frühere Präsident an Krebs erkrankt ist, als 
Matt Peppe uns im Internet-Magazin CounterPunch am 
18.08.2015 über das »blutdurchtränkte Erbe Jimmy Carters« 
aufklärte.

Peppe schrieb, Carter sei nur ein weiterer Heuchler, 
der zwar vorgebe, für Menschenrechte einzutreten, 
aber eine »Neigung zu Blutvergießen« habe. Peppe 
meint damit, Carter habe Blutvergießen nicht beendet, 
das durch ausländische Kräfte im Ausland verübt wurde. 
Carter habe mit anderen Worten als »Weltpolizist« versagt. 
Diese Vorwürfe Peppes gegenüber Carter entsprechen ganz 
der abgestandenen und falschen Kritik der Neokonservativen 
an Carter.

Wie so viele andere zeigt Peppe eine erstaunliche Unkenntnis der Einschränkungen der Handlungsfreiheit der Präsidenten durch 
eine etablierte und institutionalisierte Politik im Regierungsapparat.
In der amerikanischen Politik sind Lobbygruppen 
einflussreicher als gewählte Politiker. 
Sehen Sie sich doch nur einmal um. 
Die Umwelt-Bundesbehörden, die aufgebaut wurden, 
um sich um das Wohlergehen der Naturschutzgebiete und des
öffentlichen Landes sowie die Reinheit der Luft und des Wassers 
zu kümmern, sind personell mit leitenden Angestellten genau 
der Unternehmen besetzt, die zu den schlimmsten 
Umweltverschmutzern und Kahlschlag und Raubbau 
betreibenden Firmen gehören, die die Behörden 
doch eigentlich überwachen sollen.

Um zu verstehen, dass diejenigen, die eigentlich überwacht 
werden sollen, tatsächlich selbst diese Überwachung in ihrem 
Interesse kontrollieren, sollte man das Buch Born Under A Bad 
Sky des CounterPunch-Herausgebers Jeffrey St. Clair lesen. 
Bei all diesen Machenschaften steht an keiner Stelle 
das Gemeinwohl im Vordergrund.

Oder werfen wir einen Blick auf die Wirtschaftspolitik. 
Die gleichen Manager der Finanzwirtschaft, die die 
anhaltende Finanzkrise verursacht haben, die dazu 
führte, dass nunmehr schon seit acht Jahren gigantische 
Mengen öffentlicher Gelder in das Privatbankensystem 
strömen, leiten nun an verantwortlicher Stelle das 
amerikanische Finanzministerium und die amerikanische 
Notenbank Federal Reserve.

Ohne einen starken Rückhalt aus allen Schichten der Gesellschaft, 
aus denen ein Präsident sich die geeigneten Personen für eine 
Regierung und Verwaltung aussuchen kann, die zu größeren 
Veränderungen entschlossen sind, bleibt der Präsident ein 
Gefangener der Privatinteressen, die politische Kampagnen 
und Wahlkämpfe finanzieren. Reagan war der einzige 
Präsident der jüngeren Geschichte, der überhaupt über 
einen Anflug einer solchen ihn stützenden Bewegung verfügte, 
und selbst in seiner Regierung standen seinen Anhängern, 
den »Reaganites«, die Bush-Leute des republikanischen 
Establishments gegenüber.

In den 1930er Jahren konnte sich Präsident Franklin D. Roosevelt 
auf eine solche Bewegung stützen, die aus Anhängern des New 
Deal bestand. Infolgedessen war Roosevelt in der Lage, zahlreiche 
längst überfällige Reformen etwa im Bereich der sozialen 
Sicherungssysteme durchzusetzen.

Dennoch war Roosevelt überzeugt, dass sein Einfluss beschränkt 
war. In dem Buch The Age of Acquiescence zitiert Steve Fraser 
eine Äußerung Roosevelts gegenüber seinem Finanzminister 
Henry Morgenthau vom Jahresende 1934. Roosevelt erklärte: 
»Die Leute, die ich die ›Geldwechsler im Tempel‹ genannt 
habe, besitzen immer noch die absolute Kontrolle. 
Es wird vieler Jahre und wahrscheinlich einiger 
Revolutionen bedürfen, um sie auszuschalten.«

Wie Nomi Prins in ihrem 2014 erschienenen Buch All The Presidents 
Bankers aufzeigt, verfügen die Geldwechsler immer noch über 
diese Macht. Es bedarf wohl des »Feuers und des Schwertes«, 
um sie auszutreiben. Aber heute, und so wird es immer sein, 
gibt es in Amerika Kommentatoren, die wirklich überzeugt sind, 
ein Präsident könne die Dinge ändern, weigere sich aber, 
dies zu tun, weil er die jetzigen Verhältnisse vorziehe.

Ohne eine große Katastrophe wie etwa die Große Depression 
oder auch kleinere Herausforderungen wie eine Stagflation, 
für die es anscheinend keine Lösung gibt, ist ein Präsident 
ohne eine ihn stützende Bewegung den einflussreichen 
privaten Interessengruppen hoffnungslos unterlegen – 
und manchmal gilt dies auch, obwohl er über einen 
starken Rückhalt verfügt.

Diese privaten Interessengruppen wurden durch die Entscheidung 
des von Republikanern dominierten Obersten Gerichtshofs der USA, 
nach der der Kauf der amerikanischen Regierung durch Spenden 
der Wirtschaft durch das Recht auf freie Meinungsäußerung von 
der Verfassung geschützt sei, erheblich gestärkt. Der Oberste 
Gerichtshof der USA hat mit anderen Worten entschieden, 
dass organisierte Lobbygruppen das Recht haben, die 
amerikanische Regierung zu kontrollieren.

Nach dieser Entscheidung des Obersten Gerichtshofes können 
die USA wohl kaum noch behaupten, eine Demokratie zu sein. 
Wie kann Washington seinen Völkermord damit rechtfertigen, 
man bringe den verbliebenen Teilen der Bevölkerung »Demokratie«? 
Wenn die Welt nicht endlich aufwacht und erkennt, dass im Westen 
Bösartigkeit in ihrer schlimmsten Form das Ruder übernommen hat, 
hat die Menschheit keine Zukunft.
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Quelle: http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/
dr-paul-craig-roberts/gedankenlosigkeit-und-sorglosigkeit-sind-
zur-leitkultur-des-westens-geworden.html
Englisches Original: http://www.paulcraigroberts.org/2015/08/19/
insouciance-rules-west-paul-craig-roberts/


Es sind zu viele! – JAHN J KASSL: 

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